POZUZO

Distrikt Pozuzo

  • Einwohner: 9.400
  • Distrikt Gründung: 1918
  • Fläche: 1.249 km²
  • Höhe: 734 müA
  • Klima: Tropisch (17°-37°)
  • Ø Temperatur: 24° Celsius
  • Regenzeit: Dezember-März
  • Wirtschaft: Tourismus, Viehzucht
  • Luftlinie nach Lima: 273 km
  • Provinz: Oxapampa
  • Department: Pasco
  • Staat: Peru
  • Bürgermeister:
    Nilton Ballesteros Crisanto

Übersichtskarte

Die Kolonie am Rande des Amazonas

Im März 1857 machten sich Menschen auf, zu einer Reise ohne Wiederkehr in ein fernes und fremdes Land. 180 TirolerInnen und 120 RheinländerInnen bestiegen in Antwerpen den Frachter „Norton“ und zogen in die neue Welt. Viele wollten der Armut und Wirtschaftskrise in der Heimat entfliehen, andere packte die Abenteuerlust und ALLE reisten in der Hoffnung auf ein besseres Leben, hatte man ihnen doch eigene Ländereien, Freiheit und Glück in Pozuzo versprochen. Das kleine „Tiroler Dorf“ im peruanischen Urwald wurde 1859 gegründet, 1868 folgte eine zweite Auswanderungswelle aus Tirol und Bayern.
Die Tiroler Sprachperle „Pozuzo” blieb bis Mitte des 20. Jahrhunderts nur schwer erreichbar, so konnten sich die Kultur und Sprache bis in die Gegenwart erhalten. Heute leben die Nachkommen der Kolonisten gemeinsam mit Peruanern und Hochlandbewohnern im Distrikt Pozuzo zusammen.

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Park Tirol & Büro in Pozuzo

Veröffentlichungen über Pozuzo

  • Die Tiroler-Colonie am Pozuzo in Peru, Dr. Joseph Schöpf, 1892
  • Vergessen im Urwald, Karl Schmid-Tannwald, 1957
  • Tal der Verheissung, Franz Braumann, 1960
  • Pozuzo – Das Auswandererschicksal einer deutschsprachigen Gruppe, Fred Allert-Hecht, 1990
  • Pozuzo – Tiroler, Rheinländer u Bayern im Urwald Perus, Elisabeth Habicher-Schwarz, 2001/2006
  • Pozuzo – Schicksal, Hoffnung, Heimat, Bruno Habicher, 2003
  • Pozuzo – ein Stück Tirol in Peru, Bruno Habicher & P. Thomas Naupp, 2009
  • Pozuzo – Historia y su gente, Wilfredo Laura C., 2016
  • Pozuzo – Auswanderer a. Tirol u. Deutschl. am Rande Amazoniens in Peru, Dr. W. Schabus, 2016
  • Pozuzo, Vergessen im Urwald, Fred Allert, 1959
  • Die Freiheit zu sein, was man ist, Cordial-Filme, 1993
  • 120 Jahre Einsamkeit, Jörg Förster & Jorge M Winkelmann, 2006
  • Pozuzo, eine Tiroler Sprachinsel in Peru, Emanuel Bachnetzer, 2011
  • Ein Stück Tirol im Urwald – die vergessene Heimat, Clauß Elsmann, 2011
  • Etwas Paradies, Daniel Dlouhy, 2013
  • Palmen, Dirndl & Bananenstrudel, Emanuel Bachnetzer, 2015/2017
  • Was bitte ist Pozuzo, Servus TV/Degn Film – Daubek/Bachnetzer, 2022

Die Geschichte der Auswanderung und die Entwicklung Pozuzos zur Perle Perus

Schütz Holzhausen
Silz in Tirol

Im Herbst 1852 kam der 27-jährige deutsche Freiherr Damian von Schütz-Holzhausen nach Peru, wo er Besprechungen mit Regierungskreisen aufnahm. Gesucht: Kolonisten, welche die kaum erschlossenen Regionen jenseits der Anden besiedeln sollten. 1855 wird als Ansiedlungsgebiet Pozuzo bestimmt. Hier sollte der Flusshafen Puerto Mairo für eine mögliche Anbindung zum Amazonas errichtet werden.
1857 nahm er unter anderem auch Kontakt mit dem Benediktinerpater Dr. Augustin Scherer aus St.Georgenberg-Fiecht bei Schwaz in Tirol auf. Pater Scherer informierte über diverse Zeitungen und Scharen von Interessierten meldeten sich. Am 16. März 1857 feierten Kolonieseelsorger Josef Egg und Kooperator Josef Überlinger mit den Tiroler Oberländern einen Abschiedsgottesdienst in Silz. Am 19. März 1857 sollten sich die Familien in Augsburg treffen. 180 Tiroler waren mit Pferdefuhrwerken nach Kempten und von dort aus mit der Eisenbahn nach Augsburg gereist.
Von Augsburg ging es mit dem Zug weiter über Stuttgart nach Mannheim. Mit einem Rheindampfer gelangten sie nach Köln, wo man wieder in die Eisenbahn umstieg. Über Lüttich erreichten die Reisenden die belgische Hafenstadt Antwerpen, wo man mit 120 Leuten “von der Mosel und dem Rheine” zusammentraf. Im Hafen lag der dreimastige Frachtensegler Norton vor Anker. Bevor dieser für die nächsten 116 Tage ihr enger Lebensraum werden sollte, wurden noch 23 Paare an Bord getraut. Danach wurden die Anker gelichtet.

Frachter Norton
Cerro de Pasco

Josef Egg, der Kaplan der Auswanderer, schickte nach der Ankunft in Peru im Hafen von Lima (Callao) am 21. Juli ein „erstes Lebenszeichen“ an Pater Scherer in Tirol, das in der „Volks- und Schützenzeitung“ Nr. 107 vom 7.9.1857 veröffentlicht wurde. Die Landreise in das sehnlichst erhoffte „gelobte Land“ begann am 29. Juli 1857 in Huacho. Der zweite Tiroler Geistliche, der die Auswanderer begleitete, Josef Überlinger, berichtete von den Strapazen dieses Weges, den sie unter härtesten Bedingungen selber bauen mussten. Er berichtete, wie in dieser verzweifelten Lage „immer wieder goldene Berge vorgemacht“ wurden, wie immer mehr Leute die Kolonie verließen, um anderswo Arbeit zu finden.
Die Gruppe wurde über den 4.300 m hoch gelegenen Cerro de Pasco in das Andendorf Acobamba geführt. Hier endete der von der Regierung versprochene direkte Weg zur Kolonie, die leidgeprüfte, auf 160 geschrumpfte Gruppe würde nun eine lange Zeit auf der Pampa Hermosa lagern. Nach einem guten Jahr ereignete sich am 28. Februar 1859, kurz vor dem Ziel eine Katastrophe. Durch die extremen Regenfälle gingen vom Berg Santa Cruz riesige Geröllmassen ab und blockierten den Fluss. Das schmale Tal füllte sich rasend schnell mit Wasser, dabei sind sechs Menschen ertrunken und alle Lebensmittelvorräte verloren gegangen.

Die ersten Kolonisten
Comboni Missionare

25. Juli 1859. Endlich konnten auch die Letzten mit all den von Juan Renner geschenkten Tieren das endgültige Siedlungsgebiet von „Pozuzo“ erreichen. Den Berichten von Josef Egg und anderen Kolonisten nach, waren sie endlich im „völligen Paradies“ angekommen. Ein Kolonist schreibt, dass er bald mit keinem Bauern in Silz mehr würde tauschen wollen.
Die Siedler der „deutschen Kolonie in Peru“ waren nach einer langen Reise sehr mühsam an den Huancabamba-Fluss gelangt und genauso mühsam war der Weg in die Außenwelt, wo sie ihre Produkte verkaufen hätten können. Man hätte dringend an den Wegen weiterarbeiten müssen, sie träumten auch noch, dass die wirtschaftliche Hauptader der Republik Peru über den Hafen von Mairo und damit über Pozuzo führen würde. Und dafür wünschten sie sich beim peruanischen Präsidenten 1000 weitere Kolonisten. 250 neue Kolonisten hatten im Oktober 1868 die Anreise nach Pozuzo geschafft.
Sie sollten sich in der großen Pampa am Rio Mairo am Rande des Tieflandes niederlassen. Der größte Teil von ihnen starb bei den Ansiedlungsversuchen durch Tropenkrankheiten oder Schlangenbisse. „Die Überlebenden kamen nach Pozuzo zurück, wo sie und die Hinterbliebenen der Verstorbenen sich jetzt niederließen“. Nach Pfarrer Eggs Tod im Jahr 1905 pflegte sein Nachfolger in Pozuzo, Pfarrer Franz Schafferer aus dem Gschnitztal, den Kontakt mit der Heimat weiter.

Wachturm in Pozuzo
Pozuzo in Peru

Im Laufe der Zeit wurden immer mehr Tochtersiedlungen von Pozuzo aus gegründet. Spätestens im 2. Weltkrieg, als Peru den Achsenmächten den Krieg erklärte, wurde Deutsch aus allen Klassenzimmern verbannt und durch Spanisch ersetzt. Doch aufgrund der Abgeschiedenheit des Ortes konnte weiterhin die Tiroler Kultur und Deutsch als Alltagssprache erhalten bleiben. Immer wieder gab es Kontakt zu alten Verwandten in Europa, immer wieder wurde Pozuzo von deutschen Expeditionen besucht.
Das abgelegene Dorf Pozuzo lebte bis zum Straßenbau sozusagen autark. Erst in den 70er Jahren wurde eine erste befestigte Straße errichtet. Nun konnte der Handel wachsen, es wurden immer mehr Gebiete gerodet und die Viehzucht erlebte einen Boom.
Während der peruanischen Terror-Zeit des „Leuchtenden Pfades“ wurde Pozuzo immer wieder von den Terroristen heimgesucht, am 19. Juli 1988 wurden dabei 5 Polizisten getötet. Pozuzo gründete zur Verteidigung und Sicherung eine eigene Heimwehr.
Heute hat sich die einst „vergessene Kolonie“ zu einer Perle Perus entwickelt. Neben der Viehzucht entwickelt sich auch der Tourismus in enormen Zügen. Touristen aus Großstädten wie Lima, kommen in Scharen in die Tiroler Oase am Rande des Amazonas. Trotz des Fortschrittes legen die Pozuciner immer noch besonderen Wert auf die Freundschaft nach Europa und die Tradition oder Sprache ihrer Vorfahren.

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